Das Oberlandesgericht München stellte fest, dass der Anspruch des Verstorbenen auf Einsicht in seine Patientenakte auf die Erben übergehen kann, (§ 1922 BGB). Zwar sei das Einsichtsrecht des Patienten teilweise ein höchstpersönlicher Anspruch. Teilweise aber auch ein Anspruch mit vermögensrechtlicher Prägung, weil die Kenntnis der Patientenakte Voraussetzung für die Klärung von vermögensrechtlichen Ansprüchen sein kann.
Ein Anspruch der Erben aus rein persönlichen Gründen in die Patientenakte Einsicht zu nehmen besteht aber nicht. Die Hinterbliebenen haben also an sich kein Recht möglichst viel über das Leben und Erkrankung des Verstorbenen auf diesem Wege zu erfahren.
Zunächst muss der geäusserte Wille des Patienten zu Lebzeiten geprüft werden. Hat dieser sich gegenüber dem Arzt dahingehend geäussert, dass er nicht wünsche, dass die Erben die Einsichtnahme in die Patientenakten nehmen, sind dem Arzt diesbezügliche Auskünfte im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht versagt. An eine diesbezügliche Regelung wird der Erblasser in der Praxis aber eher selten denken, so dass der tatsächliche Wille regelmässig nicht festzustellen sein wird.
Sodann ist der mutmassliche Wille des Patienten zu ermitteln. Wie hätte sich der Patient wohl zu Lebzeiten gegenüber dem behandelnden Arzt geäussert, hätte er an das Problem gedacht? Die Gerichte gehen im Regelfall davon aus, dass es der mutmassliche Wille eines Patienten ist, dass Streitigkeiten nach dem eigenen Tod geklärt werden. Dem entgegen stehen könnten Informationen, die sich aus der Patientenakte ergeben, aber die der Patient zu Lebzeiten gegenüber den Angehörigen geheim gehalten hat, wie zum Beispiel eine AIDS-Infektion. Dann würde die ärztliche Schweigepflicht gelten.
Im vorliegenden Falle hat das Oberlandesgericht den Arzt zur Herausgabe von Kopien der patientenakte verurteilt.
- Oberlandesgericht München, Urteil vom 09.10.2008 - 1 U 2500/08 -